Jordanien | Individuell reisen - Aktueller Reiseführer JORDANIEN

Kapitel 4 - Amman und Umgebung

Amman – Stadt auf vielen Hügeln

Amman entstand auf sieben Hügeln, heute breitet sich die Stadt über mindestens neunzehn dieser Jebels aus. Das schnelle Wachstum der letzten Jahrzehnte erzeugte ein Stadtbild, das den Charme des Orients, der ja meist aus liebenswürdigem Chaos besteht, eher vermissen lässt. Vielmehr breitet sich ein Konglomerat aus unterschiedlichen, architektonisch nicht sonderlich anspruchsvollen Gebäuden aus, deren Höhe im zentralen Bereich auf vier Stockwerke begrenzt ist. Abseits des Zentrums wurden und werden immer mehr und immer schneller Hochhäuser in modernster Architektur hochgezogen.

19WT P1000434 Amman modernes Zentrum

Modernes Zentrum von Amman

Für Bauherren obligatorisch ist die Verwendung des in der Umgebung abgebauten, überwiegend beigen oder grauweißen Steins an der Außenfassade, auch wenn sich dahinter ein ganz normaler Betonbau versteckt. Diese helle Fassade verleiht der “weißen Stadt” eine sympathische, freundliche Note. Die Höhenlage zwischen 750 und knapp 900 m garantiert auch im Sommer ein erträgliches Klima. Doch der Winter zieht mit Kühle bis zu frostiger Kälte einher, die sogar mit Schnee sehr deutlich zum Ausdruck kommen kann.

Auch in Amman lebt eine wohlhabende Schicht, die mit ihrem Reichtum nicht hinter dem Berg hält, sondern Villen, ja Paläste baute und baut. Im Stadtteil Abdoun steht eine ganze Reihe solcher Prachtbauten. Wer Lust hat, sich dort umzusehen: In der Gegend der (festungsartigen) amerikanischen Botschaft entdeckt man einige davon. Viele neue Gebäude gehören reichen Flüchtlingen aus den Krisenländern ringsum, zum größten Teil leben sie dort, andere sahen eine sichere Geldanlage in der Nähe der Heimat. Diese Investitionen trieben die Grundstückspreise in Höhen, die für Normalverdiener unerreichbar wurden.

Das heutige Amman ist eine betriebsame, moderne City mit inzwischen viel Verkehr. Man kommt aber immer noch sowohl mit öffentlichen Verkehrsmitteln wie auch per Auto gut voran, wobei das Parken ziemlich problematisch sein kann. Bei den vielen Tunnels, Unter- und Überführungen kann die Orientierung etwas schwierig werden. Als wichtige Ortungsmerkmale gelten zum einen die Stadthügel, zum anderen die Circles mit mehreren einmündenden Straßen, die heute häufig ihren Kreis und Kreisverkehr zugunsten von Ampelanlagen oder kreuzungsfreien Untertunnelungen verloren haben. Immer noch wird die Lage von Häusern oder Geschäften mit Angaben wie Nähe 3. Circle beschrieben, statt ganz einfach den jetzt deutlich sichtbaren Straßennamen zu nennen (so vorhanden).

4.2 Amman – seit 10 Jahrtausenden nachweisbar

Hintergrund: Amman zählt zu den ältesten Siedlungsplätzen der Welt: Feuersteinwerkzeuge aus dem Neolithikum beweisen das uralte Interesse an diesem Ort; eine Siedlung aus dem 8. Jahrtausend vC konnte im nordöstlichen Stadtviertel Ain Ghazal nachgewiesen werden. Die Historie lässt sich über die Bronze- und Eisenzeit weiterverfolgen. Ausgrabungen und Funde auf dem Zitadellenhügel zeigen, dass er seit und während der Bronzezeit vermutlich durchgehend besiedelt war, was seiner günstigen Lage an Verkehrswegen und der guten Verteidigungsmöglichkeit zu verdanken war.

Das alttestamentliche Rabbat-Ammon, Hauptstadt der Ammoniter, dürfte um 1200 vC das heutige Stadtzentrum gewesen sein. 733 vC gerieten die Ammoniter unter assyrische Kontrolle, es folgten die Babylonier und Perser. Als 332 vC Alexander der Große das Land um den Jordan eroberte, gehörte auch Rabbat-Ammon dazu, das später die Ptolemäer hellenisierten und nach Ptolemäus II. Philadelphos (285-246 vC) in Philadelphia umtauften.

Gnaeus Pompejus verleibte die Stadt dem Römischen Reich ein, d.h. sie wurde dem von Rom kontrollierten Städtebund Dekapolis angegliedert. Zeitweise geriet der Ort im 1. Jh vC und auch nC unter lokalen Einfluss, vor allem die Nabatäer hinterließen viele Spuren. Nach der Besetzung des Nabatäer-Reichs durch die Römer wurde die Region von Kaiser Trajan zur neugegründeten Provinz Arabia zusammengefasst. Im 2. und 3. Jh nC blühte Philadelphia/Amman auf, die Römer setzten städtebauliche Akzente an dem Ort, der sich wie Rom auf sieben Hügeln ausbreitete. Es entstanden das Theater mit Forum und Prachtstraßen. In christlicher Zeit wurde Amman ein bedeutender Bischofssitz, von dem allerdings nur noch die Grundmauern einer Basilika auf dem Zitadellenhügel Qala erhalten sind.

20WT DSCN2074 Amman Jordan Museum

Ain Gazal bei Amman: 10 000 Jahre alte Figuren aus einer der frühesten Siedlungen der Menschheit (Jordan Museum)

Auch während der byzantinischen Herrschaft von 324 bis 635 behielt Philadelphia seine Bedeutung. 614 geriet die Stadt unter die Herrschaft der Sassaniden. Etwa 635 eroberten arabische Heere die Stadt und führten den Islam ein. Jetzt wurde auch der Name Amman üblich. Die Omayaden räumten der Stadt noch ziemlich große Bedeutung ein, ihr Palast auf dem Zitadellenhügel legt Zeugnis davon ab. Doch nach diesem letzten Aufblühen folgte der langsame Niedergang. Erst als die Osmanen 1878 muslimischen Tscherkessen, die vor den christlichen russischen Zaren geflohen waren, Asyl in Amman anboten, kam zusätzliches Leben in das Dorf, dessen Einwohnerzahl damit auf 2000 stieg. Kern ihrer Ansiedlung war übrigens der heutige Stadtteil Ras el Ain, in dem in den letzten Jahren das neue Rathaus und das neue The Jordan Museum gebaut wurden. Später zogen viele zum Jebel Amman.

Ein weiterer Meilenstein in der Entwicklung Ammans folgte 1902 mit der Hejaz-Bahn und ihrem Bahnhof in der Kleinstadt. Jetzt wurde sie ein Verkehrsknotenpunkt für den Pilgerverkehr, es eröffneten sich neue Handelswege, und Amman hatte die Verbindung zur Außenwelt, nicht Salt, die damalige Gouverneursstadt der Osmanen. 1910 zählte Amman immerhin 10 000 Einwohner.

1921, nach einem Treffen mit dem britischen Staatssekretär für Kolonialfragen in Jerusalem und vagen Zusagen für ein Emirat Transjordanien, begann der Hashemit Abdullah Ibn Hussein, sich in Amman als künftiger Hauptstadt einzurichten. Er hatte diesen Ort dem abgelegeneren Salt wegen der besseren Verkehrsanbindung durch die Hejaz-Bahn vorgezogen. Zu dieser Zeit gab es keinen Palast und nur wenige Bürgerhäuser. Es fehlten Elektrizität und Telefon, aber auch ein Krankenhaus, ein Hotel oder eine Bank. Erst 1923 erkannten die Briten das Emirat Transjordanien mit seiner Hauptstadt Amman an.

Es entstanden erste Regierungsbauten, von 1924-27 ein Palast für den König und die Husseiny-Moschee. Die Stadt entwickelte sich langsam und zog mehr und mehr Menschen aus den Dörfern an.

Nach dem Erdbeben von 1927 zogen viele Menschen auf die bis dahin nur von Tscherkessen bewohnten Hügel. 1946 lebten in Amman, nun die Hauptstadt des neuen Königreichs Jordanien, 25 000 Menschen.

Erst der durch die Gründung Israels ausgelöste Palästinakonflikt mit seinen Flüchtlingsströmen sorgte für eine Bevölkerungsexplosion, obwohl die Mehrheit der Flüchtlinge zunächst in Zeltlagern am damaligen Stadtrand hausen musste. Aus den Zelten entstanden später feste Behausungen, die heutigen Stadtteile El Wahadad und El Hussein. Während des arabisch-jüdischen Krieges waren viele Palästinenser nach Jordanien geflohen, viele von ihnen nach Amman. Bald erreichte die Einwohnerzahl 150 000 , 1963 waren es bereits 250 000. Nach dem Sechstagekrieg 1967 suchten erneut Flüchtlinge Zuflucht, die Einwohnerzahl stieg auf 450 000. Als 1991, nach dem ersten Golfkrieg, viele Jordanier und Palästinenser aus den Golfstaaten ausgewiesen wurden, folgte erneut ein Wachstumsschub.

Das zwischen 750 und 1000 m hoch gelegene ursprüngliche Amman zählt heute rund 1,7 Mio Einwohner im eigentlichen Stadtbereich. Der Großraum Amman – Greater Amman Municipality (GAM) – ist auf 2,7 Mio Menschen angewachsen, für 2025 prognostiziert man 6,4 Mio. In wenigen Jahren wird Amman mit der nordöstlich gelegenen Industriestadt Zarqa vollends zusammengewachsen sein. Dort, im Osten Ammans, leben die sozial schwächeren Schichten, während sich die Bessergestellten und Reichen auf den Hügeln westlich des Stadtzentrums niedergelassen haben.

Es gibt wohl in Europa keine Stadt, die praktisch aus dem Nichts innerhalb von 100 Jahren zu einem Gemeinwesen dieser Größenordnung förmlich explodierte.

Topografie der Stadt

Der bedeutendste Stadthügel ist der Jebel Amman. Hier befinden sich Ministerien, internationale Hotels und viele Botschaften. Vom Straßennetz her beginnen hier die Circles (1.-3.). Südöstlich davon erhebt sich der höchste Hügel, Jebel Ashrafiyeh, mit der Abu-Darwish-Moschee als Wahrzeichen. An seinem Fuß, im Tal, steht die Husseiny-Moschee, nicht weit entfernt schmiegt sich das Römische Theater in den Berghang. Die Gegend um die Husseiny-Moschee gilt als das eigentliche Stadtzentrum – von Ausländern Downtown genannt – mit seinen quirligen Souks. Auf dem Hügel nördlich gegenüber, auf dem Jebel Qala, erheben sich die Ruinen der Zitadelle.

Nordwestlich schließt sich der Jebel Weibdeh (auch Luwebdeh) an, dann folgt der Jebel Hussein mit der Abdullah-Moschee, dem Parlament und den Ministerien. Der König residiert in den öffentlich nicht zugänglichen Palästen Basman und Raghadan auf dem Jebel Qasur. 

Wichtigste Sehenswürdigkeiten in Amman und Umgebung

****Zitadelle auf dem Jebel Qala, Archäologisches Museum, Herkules-Tempel, byzantinische Kirche und Omayaden-Palast bieten viel Historie und zusätzlich herrliche Ausblicke, S. 130 Im Reiseführer

****Ehemaliges Römisches Stadtzentrum, Römisches Theater, Odeon und Nymphaeum sind teils so gut erhalten, dass die alte Stadt wieder lebendig wird, S. 135

****Jordan Museum, es ist das Museum Jordaniens, das dem Besucher einen fundierten Einblick in die Geschichte und Gegenwart des Landes bietet, S. 138

 ***Husseiny Moschee und umliegende Souks, hier pulsiert das tägliche, orientalisch geprägte Stadtleben, S. 139

 ***King Abdullah Moschee, einer der schönsten modernen Sakralbauten des Landes, S. 148

MEHR im Reiseführer Seite 127

Amman kennenlernen

****Die Zitadelle

Wer zunächst einen Überblick über die Stadt gewinnen und den schönsten Ausblick auf das Römische Theater genießen will, beginnt den Stadtrundgang mit dem Besuch der Zitadelle auf dem 760 m hohen Hügel Qala. Autofahrer finden Parkmöglichkeiten, Fußgänger lassen sich am besten per Taxi (ca. JD 3) hinaufbringen (versteht der Fahrer weder Zitadelle noch Castle, sagen Sie Qala)…

Der Jebel Qala war schon von alters her strategisch von Bedeutung. Ausgrabungen belegen, dass bereits von der Mittleren Bronzezeit (ca. 2000 vC) bis in die hellenistische Epoche Befestigungsanlagen auf dem Berg bestanden. Der flächenmäßig größere und auch höhere Bereich des L-förmigen Jebel mit den meisten Ruinen und dem Museum zieht sich in nord-südlicher Richtung. Etwa in Höhe des Museums knickt er nach Osten ab und lässt noch Platz für den Herkules Tempel und ein ausgedehntes, bisher nicht erschlossenes Ruinengelände im unteren Bereich.

Drei unterschiedliche Terrassen strukturieren das Gelände; auf der mittleren Ebene steht das Museum, die nördliche dehnt sich etwa 300 m aus, und die untere Terrasse verläuft etwa 400 m in östlicher Richtung. Die 1700 m lange und an ihren Resten relativ gut erkennbare Zitadellenmauer geht im Wesentlichen auf die Römer zurück, sie wurde später von den Omayaden teilweise umgebaut oder erneuert. Zehn Türme verstärkten die Befestigungsanlage, in die vermutlich drei Tore hineinführten.

Das Gelände, das früher eher den Eindruck einer Nebenrolle machte, wurde kürzlich im Ankunftsbereich gründlich umgestaltet und ist nun durch ein einladendes Visitor Center zugänglich. Informationstafeln im Gelände geben dem Besucher sowohl einen guten Überblick als auch Detailinformationen zu einzelnen Bauwerken.

Vom Visitor Center führt der Aufweg zum kleinen Archäologischen Museum. Früher war es das wichtigste Museum dieser Art im Land, doch fast alle bedeutenden Stücke sind nun im Jordan Museum (s. S. 138) zu finden. Dennoch sollten Sie einen Blick hinein werfen, es ist u.a. noch eine der ältesten menschlichen Statuen mit den typischen mandelförmigen Augen und den Stupsnasen aus Ain Ghazal, zu sehen.

Südöstlich vom Museum sind die wenigen, ehemals von einem mit Kolonnaden versehenen Temenos umgebenen, aber immer noch gewaltigen Reste eines Herkules-Tempels zu bewundern. Er wird üblicherweise diesem Halbgott – allerdings nicht gesichert – zugerechnet. Unstrittig ist jedoch, dass er während der Regierungszeit von Marcus Aurelius (161-180 nC) erbaut wurde. Als Bezug zur ehemaligen Monumentalität mögen im Tempel gefundene Hand- und Ellenbogenfragmente einer Statue (am Eingang des Museums ausgestellt) dienen, aus deren Größe man eine immerhin 9 m hohe Statue (vermutlich) des Herkules errechnete. Drei Säulen stehen noch aufrecht, andere liegen in Stücken herum. Auf der Südseite verband einstmals eine monumentale Treppe den Tempel mit der Außenwelt, d.h. sie führte zu einem Propylon und schließlich zur Prachtstraße Decumanus.

An der Stelle bzw. Umgebung des Herkules- Tempels befand sich bereits im 9. Jh vC eine ammonitische Kultstätte, die dem Gott Milkom geweiht war, wie eine hier gefundene Inschrift besagt.

MEHR im Reiseführer ab Seite 130

****Das ehemalige Römische Zentrum

Wenn Sie den weiter oben beschriebenen Fußweg vom Jebel Qala hinunter nach Downtown nehmen, dann wären Sie vor 2000 Jahren auf dem Römischen Forum angekommen, im Herzen der römischen Stadt Philadelphia, vom kleinen Bach Seil durchflossen. Er ­speiste die Brunnen im Nymphaeum, auf dem Weg dorthin war er ein langes Stück überdeckt. Nördlich davon verlief die 10 m breite Prachtstraße Decumanus (heute etwa Hashemi St), gesäumt von korinthischen Kolonnaden. Ein Stück westlich des Nymphaeums zweigte eine weitere Prachtstraße, der Cardo Maximus (heute etwa Al Malek Feisal St), nach Norden ab und kurz vor dem Forum eine Via Sacra als Verbindungsweg zum Temenos des Herkules-Tempels in der Zitadelle. Sehr wahrscheinlich war das Zentrum untertunnelt, um den Bessergestellten Wege, bzw. Fluchtwege nach außen zu bieten, um unbeobachtet und unberührt vom „Plebs“ das Weite suchen zu können.

Das Forum – der zentrale Platz der Stadt – passte sich der natürlichen Verbreiterung des Wadis an, d.h. es füllte die Fläche zwischen dem Amphitheater und dem Zitadellenhügel aus. Aufgrund der topografischen Vorgaben entstand hier eines der größten Foren. Mit seinen Abmessungen von 100 x 50 m gehörte es zu den größten seiner Art in der damaligen römischen Welt.Der Untergrund des Platzes war durch Aufschüttungen so erhöht worden, dass der Seil den Platz auch bei Hochwasser nicht überfluten konnte. Ein unterirdisches Tonröhren-Abwassersystem mündete in den Bach. Kolonnaden umgaben das Forum auf drei Seiten, die Säulen der Südseite, vor dem Amphitheater, sind weitgehend erhalten, über ein kurzes Stück liegt sogar der Architrav noch auf den korinthischen Kapitellen.

Hier zieht sich der wirklich monumental wirkende, vermutlich aus dem 2. Jh nC stammende Steinbau des Römischen Amphitheaters sehr steil den Berg hinauf (JD 2 Eintritt, JoPa, 7 U bis Sonnenuntergang geöffnet, gilt auch für die beiden Museen und das Odeon). Geschickt nutzten die Erbauer den Hang des Hügels für die tragende Konstruktion. Die Sitzreihen bestehen hier aus Steinen, während sie sonst häufig aus dem Fels gehauen wurden. Acht Aufgänge erschließen die Plätze für die 6 000 Zuschauer.

MEHR im Reiseführer ab Seite 105

1 Amman Roemisches Theater

Das Römische Amphitheater

 ***Downtown

Symbol des Zentrums ist die ***Husseiny-Moschee, die eigentlich nur Muslimen zugänglich ist (manchmal Ausnahmen). 1924 auf dem Platz einer Moschee aus der Frühzeit des Islam errichtet (640 nC vom zweiten Kalifen Umar bin Khattab), fallen von außen die in Höhe und Gestaltung unterschiedlichen Minaretts vielleicht am meisten auf. Für den Urgroßvater König Abdullahs, Abdullah Ibn Hussein, war es nach der langen osmanischen Herrschaft wichtig, auf türkische Vorbilder zu verzichten und keinen Kuppelbau zu errichten.Die Moschee steht mitten im “alten” ­Zentrum der Stadt. In dieser Gegend pulsiert heute das Leben Ammans, schmale Sträßlein mit unzähligen Shops bestimmen im lärmenden Verkehr das Bild. Drei Hauptstraßen bilden im engen Wadi den eigentlichen Stadtkern: von Nordwesten her die Al Malek Faisal St, von Nordosten die Hashemi St, die ab Hussein Moschee Al Malek Talal St heißt und leicht nach Südwesten schwenkt. Alle drei werden von Parallelstraßen flankiert, die häufig durch Quergassen miteinander verbunden sind. Um genau zu sein: Die Al Malek Faisal St spaltet sich an ihrem Ende Y-förmig in die nördlichere Al Ridha St und die Al Sa’Adi St, beide Straßen kaum länger als 200 m und namentlich in keinem Stadtplan zu finden.

Wenige Schritte nach der Zusammenführung der beiden Straßen zur vierspurigen Al Malek Faisal St mündet die Shabsough St rechts ein, aus der sich ständig Sammeltaxis ergießen, die in der Cinema al Hussein St starten. Es folgt der Gold-Souk, der sich in den kleinen Gassen zwischen der Al Malek Faisal und der ­Cinema al Hussein St abspielt. Die linke Seite der Al Malek Faisal St ist die lebendigere mit vielen Shops, Cafés und Restaurants. Hier kann man das eine oder andere Schnäppchen machen, falls man an Alltäglichem interessiert ist.

Mehr im Reiseführer ab Seite 139

Auf den Folgeseiten sind die Stadtteile **Jebel AmmanAbdali und Jebel WeibdehShmeisani sowie Der Norden, Der Westen und Im Süden: Wihadat Palästinenser Camp beschrieben.

Dann folgt:

Umgebung von Amman

*** Qasr el Abd

(im Reiseführer ab Seite 149)

Als ein etwas ungewöhnliches Gebäude gilt der Qasr el Abd, dessen Sinn und Zweck immer noch nicht geklärt ist. Schon die Anfahrt durch ein ziemlich grünes Tal macht Spaß. Das Wadi es Sir (auch Sayer, Seer, Elsir, Esseer ) – identisch mit dem Tyrus-Tal –, westlich von Amman gelegen, hebt sich von den anderen ähnlichen Wadis, die in den Jordangraben münden, durch seinen Wasserreichtum ab. Das viele Wasser wiederum erfüllt Bäume, Obst und Gemüse mit Leben, nicht zuletzt dient es auch den Menschen, die sich hier angesiedelt haben. Ein Abstecher lohnt sich wegen eines etwas mysteriösen Palastes namens Qasr el Abd, aber auch wegen der erholsam-grünen Umgebung. Allerdings muss man einschränken: Während im Frühjahr ringsum begrünte Hänge und der murmelnde Wasserlauf zu sehen sind, stößt das Auge im Sommer und Herbst auf abgeerntete, dürre Flächen. Bald wird es hauptsächlich auf Hauswände stoßen, denn das Wadi wird in erstaunlicher Geschwindigkeit immer mehr zugebaut.

Hintergrund: Qasr el Abd, das teils in Ruinen liegende Bauwerk, gibt seit seiner Wiederentdeckung im Jahr 1818 Rätsel auf, die bis heute nicht vollständig geklärt sind. Geläufig ist zwar die Bezeichnung ‚Burg des Sklaven’, doch tendieren alle aktuellen Deutungen dahin, von einer Palastanlage zu sprechen. Das blaue Schild am Eingang besagt denn auch, dass sie “von dem Ammoniten Herkanus aus der Tobias-Familie im 2. Jh vC gebaut und in der byzantinischen Epoche erneut benutzt” wurde. Das Geschlecht der Tobiaten lässt sich, sofern es sich nicht nur um Namensgleichheiten handelt, sowohl im biblischen Nehemia-Buch als auch aus anderen Quellen seit der Perserzeit im 4. Jh vC verfolgen. Der römisch-jüdische Geschichtsschreiber Josephus Flavius berichtet ebenfalls von einer Familie dieses Namens, deren jüngster Sohn Herkanus nach Streitigkeiten über den Jordan emigrierte, sich einen Palast baute, der bis zum Dach mit Marmor verkleidet und mit großen Tierfiguren geschmückt war – eine ziemlich genaue Beschreibung (auch in weiteren Details) dessen, was vor uns steht.

Das Gebäude des Qasr el Abd war einst von einem Teich umgeben oder stieß unmittelbar daran, was aus dem tiefer liegenden Niveau ringsum deutlich wird. Ein Dammweg führte zu einem Monumentaltor. Monumental wirkt allerdings die gesamte Anlage, allein schon, wenn man die gewaltigen Steinblöcke betrachtet, aus denen die Außenmauern aufgeschichtet wurden: bis zu 15 Tonnen schwer, bis zu 6 m lang und 3 m hoch. Den Nordeingang bewachen mächtige, am zweiten Stockwerk angebrachte Steinlöwen. Auch Wandflächen des ersten Stockwerks sind mit Löwen und Panthern geschmückt, an der Ost- und Westseite Leopardinnen aus rosa Dolomitstein.

021 P1130954 Iraq al Amir Qasr el Abd

Qasr el Abd, Löwe – inzwischen längst ausgestorben

Das Erdgeschoss hat eine etwas rätselhafte Raumeinteilung. Korridore an der Innenseite der Außenwände führen um eine Raumgruppe herum, die fensterlos praktisch im Dunkel liegt. Diese Kammern können also nur als Lager, nicht aber als Wohnräume gedient haben. Auf der nördlichen Seite erreicht man über eine Treppe das Obergeschoss, das wohl die eigentlichen Gemächer des Palastinhabers barg. Der Zugang zum Innenbereich ist verschlossen, normalerweise kommt aber ein Schlüsselträger herbei und schließt gegen ein Bakschisch auf.

Im nahegelegenen Dorf Iraq el Amir errichtete die Noor al Hussein Foundation ein Handicraft-Zentrum für Frauen (unterhalb von Iraq Amir, Moschee mit grüner Kuppel), denen man bei der Arbeit zuschauen und deren Produkte kaufen oder auch einfache Gerichte bestellen kann. Ein kleines Museum im Ort informiert über die Entdeckungsgeschichte und die Restauration des Qasr el Abd.

....

Von hier bietet sich eine Weiterfahrt zum sehr sympathischen Städtchen Salt an.

**Salt

Hintergrund: Ausgrabungen belegen, dass der Ort Salt bereits in der Eisenzeit besiedelt war. Durch ein Familiengrab mit mehreren Sarkophagen ist bekannt, dass die Siedlung im 3. Jh nC Gadora hieß. In byzantinischer Zeit war er Bischofssitz. 1220 legte der ayubidische Sultan al-Malik al-Mu‘azzam über der Stadt eine Festung gegen die Kreuzfahrer an, die 1260 von den Mongolen zerstört, aber ein Jahr später von den Mamluken wiederaufgebaut und 1840 von den Osmanen erneut zerstört wurde. Im 19. Jh bauten die Osmanen Salt zur Hauptstadt der Provinz Belqa aus. Entsprechende Dienststellen mussten geschaffen und nicht zuletzt Truppen stationiert werden.

Diese neue Rolle zog Kaufleute an, die Stadt entwickelte sich rasch und wurde wohlhabend. Emir Abdullah spielte nach dem Ersten Weltkrieg mit dem Gedanken, Salt zur Hauptstadt seines Emirats Transjordanien zu machen, die Bewohner nahmen das angeblich reserviert zur Kenntnis. Er zog aber dann doch Amman vor. Infolge der von Israel besetzten Westbank verlor Salt in den letzten Jahrzehnten wirtschaftliche Beziehungen und Bedeutung. Heute spiegelt die Altstadt das typische und in Jordanien seltene Bild einer osmanischen Verwaltungsstadt der Jahrhundertwende wider.

Heute ist sie eine sehr quirlige Bezirkshauptstadt, die ein ziemlich authentisches Bild jordanischen „Normallebens“ bietet – erstaunlicherweise immer noch ohne große Touristenansammlungen.

Das freundliche Salt lädt zu einem empfehlenswerten Bummel ein, bei dem man immer wieder auf Bürgerhäuser aus osmanischer Zeit mit eindrucksvollen Fassaden stößt, die mit hohen Bogenfenstern und Erkern gegliedert sind. Touristisch bietet der fast durchgängig aus gelbem Sandstein erbaute Ort fast nichts Spektakuläres.

Die einzige historisch gewachsene Stadt Jordaniens zieht sich über z.T. extrem steile Hügelhänge, schmale Straßen verlaufen fast wie Höhenlinien und sind z.T. in der Senkrechten mit Treppen verbunden. Auf dem Jebel Qala steht an der Stelle der im 19. Jh endgültig zerstörten Festung eine große Moschee, ein Wahrzeichen oberhalb der Stadt mit gutem Ausblick.

Mit japanischer Unterstützung wurden seit 2004 viele Häuser renoviert und verfallende Straßenzüge saniert. Dabei hat man einen Heritage Buildings Trail angelegt, der insgesamt 18 Gebäude und Institutionen berührt. Es lohnt sich sehr, wenigstens einen Teil des Pfades abzuwandern. Einen Stadtplan mit Trail gibt es im Historic Old Salt Museum, siehe weiter unten.

Kommt man von Amman, fällt an der im Zentrum nach rechts abzweigenden Hauptstraße ein moderner Bau mit der modernen Bila Bin Rabah Moschee und dem Betonbau des Cultural Center ins Auge. Früher war hier ein Kunsthandwerks-Ausbildungszentrum der Noor al Hussein Foundation untergebracht, das heute etwa 3 km außerhalb, an die Straße nach Fuheis verlegt wurde. Diesen zentralen Platz namens Al Maydan Plaza wollen wir als Ausgangspunkt für die Stadtbesichtigung wählen.

Gehen Sie an den modernen Bauten vorbei und biegen Sie in die zweite Straße Said Abu Jaber rechts bergauf ein. Nach ca. 300 m wird Ihnen links das Beit Abu Jaber Haus auffallen. Als es Ende des 19. Jhs von der reichen Jaber-Familie gebaut wurde, ließ man die Decken von italienischen Künstlern mit Fresken schmücken. Es ist das wohl am besten erhaltene Bürgerhaus der ausklingenden osmanischen Epoche.

Durch Zusammenlegung mit einem Nachbarhaus wurde ein etwas verwinkeltes, aber sehenswertes Museum in seinen Mauern geschaffen, das den Namen Historic Old Salt Museum (Sa-Do 8-18, Winter 8-17) trägt und auch die Tourist Information beherbergt. Es geht hier um die Geschichte der „Goldenen Zeit“ der Stadt von Ende des 19. Jhs bis in die 1930er-Jahre. Sie wird gut gegliedert und mit vielen Erläuterungen dargestellt: Szenen aus dem alltäglichen Leben, z.B. eine Apotheke, ein Schulzimmer, Trachten oder eine Fotogalerie der bisherigen fünf Könige. Ein kleines Cafè erlaubt den Ausblick auf einen Platz namens Ain Plaza (arabisch Midan Ain), dessen Restaurierung und Name auf einem Sockel mit Marmorplatte verewigt wurde.

021a WT P1000099 Salt Blick auf anderes Museum

Salt Archaeologisches Museum

Das Salt Archaeological Museum, das in einem schönen osmanischen Bürgerhaus am Hang untergebracht ist finden Sie in der Hauptsraße/Nähe Soukstraße.

Das Museum ist vorbildlich ausgelegt, alle Exponate sind zweisprachig beschriftet. Die ältesten Stücke gehen bis auf die chalkolithische Epoche zurück, aus byzantinischer Zeit gibt es z.B. schöne Glasgefäße. In der ethnografischen Abteilung im oberen Stockwerk wurden Szenen aus dem Beduinenleben nachgestellt. Wirklich überraschend ist ein an einer Wand befestigtes traditionelles Kleid mit etwa 4 m Länge (!) und 2 m Breite, das nur in Salt und nur bei feierlichen Anlässen getragen wurde. Für Lehrer oder andere Interessierte gibt es im Ort noch ein Schulbuchmuseum mit über 2000 arabischen und englischen Schulbüchern seit 1921.

MEHR im Reiseführer ab Seite 152

 

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